Die Schönheit ist subjektiv!


Leben als Fotograf

Der Fluch der Modefotografie ist das krankhafte und gestörte Schönheitsideal! Das sage gerade ich? Ich, als Mitverantwortlicher dieses Schönheitsideals! Ich zeige nur ungern mit dem Zeigefinger darauf, weil dabei 3 weitere Finger auf mich zurück zeigen. Allerdings hat das Arbeiten mit der heutig gewünschten Ästhetik von 90-60-90, glatter Haut, großen Augen, usw. Spuren hinterlassen.
Mittlerweile mache ich solche Arbeiten nur noch selten, da ich es satt hatte in Photoshop Barbies aus Menschen zu erschaffen. Es hat zwar etwas Schöpferisches, allerdings führt es auf lange Sicht zur Wahrnehmungsverzerrung.

Ich denke, jeder Mensch hat etwas und oft sogar sehr viel Schönes an sich! Egal welches Alter, Geschlecht oder Figur. Wir müssen uns mit dem Menschen beschäftigen und uns auf ihn einlassen und wir werden Aspekte an ihm oder ihr entdecken, was uns zuvor verborgen blieb. Hinter allem und jedem steht eine Geschichte, und diese Geschichten zeichnet uns. Es stellt sich nur immer die Frage, aus welchem Standpunkt wir die Geschichten wahrnehmen, und wir können das Bild dadurch positiv oder negativ erscheinen lassen.

Bei einem Bild, welches ja bekanntlich mehr sagt als 1000 Worte, können wir auch entscheiden ob es positiv oder negativ, bzw. schön oder hässlich erscheint. Ich traue mich sogar zu behaupten, dass es möglich ist, von den schönsten Menschen die hässlichsten Fotos zu machen, und natürlich auch umgekehrt. Bei einem Bild spielen so viele Faktoren eine Rolle, und nicht nur das Werkzeug mit dem ich dieses Bild erschaffe.

Der Respekt, wie wir etwas angehen und die Sichtweise, die wir haben, beeinflusst uns nicht nur bei der Betrachtung eines Bildes, sondern auch mich: Wie ich die Fotografie erstelle.

Wir halten heutzutage alles und jeden fest. Aber sehen wir uns auch alles davon wieder an? Welchen Wert geben wir dem Festgehaltenem? Suchen wir beim Festhalten, das Schöne oder das Hässliche?

Ich denke jeder, der fotografiert und etwas festhält, ist dafür verantwortlich, wie wir dieses Bild schließlich sehen können. Es steckt also sehr viel Macht in einem Bild – und in demjenigen, der es produziert. Sollen wir etwas Schön oder doch Unschön sehen?

Welche Situation oder welcher Mensch hat es verdient hässlich dargestellt zu werden? Welchen Menschen stellen wir vielleicht sogar zu schön dar? Sollen wir bei der Wahrheit bleiben? Oder lügen wir unsere Bilder zu einen falschen Geschichte zusammen? Bin ich als Fotograf, bzw. jeder der fotografiert, für das Abgebildete auch verantwortlich? Sind wir nur Zeitzeugen, oder geben wir unserem „Zeugnis“ eine Geschmacksnote mit?

Ich denke jeder gute Fotograf muss sich mit dieser Frage auseinandersetzen. Was dürfen wir nicht, und was dürfen bzw. sollen wir tun?

Mich werden solche Fragen ein Lebenslang beschäftigen.